PROF. DR. SIMONE KÖNIG

Zwischen Leistung und Neugier

Porträt von Prof. Dr. Simone König

Prof. Dr. Simone König hat schon immer gerne gelernt und Neues entdeckt. So fand sie bereits früh in der Schule ihre Begeisterung für die Naturwissenschaften. Dass sie heute jedoch genau in diesem Gebiet ihre eigene Forschungsgruppe am Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) in Münster leitet, erklärt sie mit „ganz viel Kommissar Zufall“.

„Ich wusste nur, was ich nicht wollte: Ich wollte kein Arzt werden, ich wollte kein Lehrer werden.“

Nach dem Abitur fehlte ihr noch eine konkrete Vorstellung von ihrem zukünftigen Berufsweg. „Ich wusste nur, was ich nicht wollte: Ich wollte kein Arzt werden, ich wollte kein Lehrer werden.“ Nach etwas Überlegung entschied sich Simone König 1982 für ein Studium der theoretisch-physikalischen Chemie an der Universität Leipzig. „Mathe war drin, Physik war drin, Chemie war drin. Da dachte ich, das könnte gut passen.“  Als sie 1987 ihr Studium beendete, wurde ihr ein Forschungsstudium in der physikalischen Chemie an der Universität Leipzig angeboten. „Es war eigentlich gar nicht mein Lebensplan, zu promovieren.“, erklärt sie geradezu mit einer Leichtigkeit. Denn eigentlich hatte sie zu diesem Zeitpunkt bereits eine Zusage für einen Job als Chemikerin in einer heimatnahen Fabrik — welche sie aus privaten Gründen schließlich doch für die Stelle an der Uni absagte. Hier forschte sie an Tensiden, wie sie bodenständig erklärt: „Waschmitteln, wenn man so will“, und kam mit Anfang 20 zu ihrem ersten Patent. „Dafür konnte ich letztlich herzlich wenig. Ich habe halt einen Auftrag erfüllt und stand am Ende mit auf dem Patent.“, erinnert sie sich lächelnd, ohne dabei zu bemerken, wie beeindruckend ihre Erzählungen wirken.

„Jetzt fühle ich mich zuhause in dem, was ich mache. Das war damals nicht so.“

Während ihrer Promotion bekam Simone König ihr erstes Kind, sodass sie ein Jahr Kinderbetreuungszeit einlegte, und dennoch nach nur knapp vier Jahren, mit 28 erfolgreich ihren Doktor abschloss. Vor ihrem nächsten Karriereschritt in den Naturwissenschaften wurde Simone König zum zweiten Mal Mutter. In der Zeit schloss sie ein nebenberufliches Studium der Umweltchemie ab. Die Zeit des Mutterschutzes war eine Pause, die ihr gelegen kam, denn diese bot ihr die Zeit, ihre Interessen zu reflektieren und neue Perspektiven zu gewinnen. „Denn so richtig glücklich war ich mit meinem Promotionsfeld nicht. Jetzt fühle ich mich zuhause in dem, was ich mache. Das war damals nicht so.“, erinnert sich die Professorin. In dieser Zeit lebte sie unter anderem auch in den USA, da ihr Mann dort ein DAAD-Stipendium bekam. Da sich dieser Aufenthalt verlängerte, suchte Simone König dort nach einer beruflichen Aufgabe.

Über ein DAAD-Stipendium bot sich ihr schließlich der Einstieg an den National Institutes of Health (NIH) und damit auch der Einstieg in das Feld der Massenspektrometrie, einem Verfahren zum Messen der Masse von Biomolekülen wie z. B. Eiweißen oder Vitaminen. In dieser Zeit fand sie ihre Begeisterung für die Forschung wieder. Inspiration fand sie bei ihrem Chef, Henry M. Fales, einem Wissenschaftler des NIH, der sie nicht nur fachlich, sondern auch in Bezug auf die zwischenmenschlichen Aspekte der Wissenschaft beeindruckte und zu ihrem Mentor wurde. Besonders habe sie seine Art, Probleme anzugehen, geschätzt und bis heute orientiere sie sich in schwierigen Situationen an seinem Vorbild. Er lehrte ihr eine besondere Neugier, die sie bis heute antreibt. Er brachte ihr bei, nicht aus dem Motiv der Erwartung, sondern aus dem Wunsch nach Erkenntnis und Verständnis zu arbeiten und zu forschen, erzählt die Professorin mit Begeisterung.

Nach sechs Jahren in den USA kam sie 1999 über ein Programm des BMBF nach Deutschland zurück, nach Münster. Denn in Münster bestand großes Interesse am Feld der Massenspektrometrie, für welches Simone König nach ihrer Zeit in den USA nun Expertin war. Seitdem hat sie als außerplanmäßige Professorin eine wichtige Rolle an der Universität Münster inne, an der sie als Leiterin der Technologieplattform Proteomik am IZKF tätig ist. Hier führt sie ein dynamisches Team von Masterand:innen, Doktorand:innen sowie internationalen Gastwissenschaftler:innen und gestaltet wegweisende Proteomik-Forschung, welche sich der Betrachtung der in einer Zelle oder in einem Lebewesen vorhandenen Proteine widmet. Ihre Forschungsfelder umfassen heute die massenspektrometrische Analyse von Proteinen, Peptiden und kleinen Molekülen. Besonders hervorzuheben ist die Arbeit ihres Teams zur Optimierung der Gelelektrophorese-Technik zur Trennung und Analyse von Proteinen. Ebenso hat sie Methoden zur Identifizierung biologisch aktiver Proteine und Peptide sowie zur Analyse von Metaboliten entwickelt und validiert. Am IZKF arbeitet sie eng mit Mediziner:innen zusammen und hilft ihnen zum Beispiel dabei, den Unterschied zwischen gesunden und kranken Zuständen im Körper zu verstehen. Ihr Ziel ist es hier, Ergebnisse zu erzielen, die die Entwicklung von Therapien und Diagnosen vorantreiben.

Dank ihrer Expertise in biomolekularer Massenspektrometrie und peripheren Techniken gilt sie als führende Persönlichkeit auf dem Gebiet der Proteomik und ist gegenwärtig stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Massenspektrometrie. Die Naturwissenschaftlerin und ihr Team erhielten im Jahr 2014 den mit 20.000€ dotierte Transferpreis der Universität Münster 2013/2014 für ihre Arbeit im Bereich der Vergleichenden 2D-Fluoreszenz Gelelektrophorese. In ihrer Laufbahn brachte Simone König drei Patente auf den Weg. Was für Ausstehende sehr beeindruckend wirkt, betrachtet sie selbst pragmatisch. Für sie ist die Neugierde in der Forschung und das Bestreben, Erkenntnisse publik zu machen von viel größerer Bedeutung. Eine Einstellung, die sie, wie ihr eigener Mentor, ihren Nachwuchswissenschaftler:innen mit auf den Weg geben möchte.

Auch privat ist Simone König sehr bodenständig, wer sie kennenlernt, merkt, dass sie die kleinen Dinge im Leben schätzt. Ausgleich zu ihrer Arbeit findet sie in ihrer Freizeit in Handarbeiten wie Stricken und Nähen. Doch anstatt für den eigenen Kleiderschrank kreativ zu werden, fertigt sie Taschen aus Kartoffelsäcken und Obstnetzen an und spendet die Einnahmen daraus an die Katastrophenhilfe. Ihr zweites Hobby ist das Tanzen, unter anderem der Schottische Tanz.   

„Das Leben ist nicht planbar. Man muss einfach einen Schritt nach den nächsten machen.“

Obwohl sie sich selbst als „Streberin“ bezeichnet, ist sie der festen Überzeugung, dass Noten nicht viel über einen Menschen aussagen. Was für sie viel wichtiger sei, sind die Neugierde und das Interesse für einen bestimmten Themenbereich und jede Menge Eigeninitiative. Denn heute weiß sie: „Das Leben ist nicht planbar. Man muss einfach einen Schritt nach den nächsten machen. In bestimmten Situationen kann man nur nach besten Wissen und Gewissen entscheiden und muss dann einfach schauen, was passiert.“